Seit nunmehr etwas über einem Jahr hat Gallneukirchen ein neues Wohn- und Geschäftszentrum. Ein paar Geschäfte, Büros und Wohnungen mitten in der Stadt. Eigentlich nichts ungewöhnliches und kaum eine Nachricht wert…
Wäre da nicht die Tatsache, dass wir in den letzten Monaten viel darüber gelesen haben, was sich mit unseren eigenen Erkenntnissen nicht deckt. Man möchte beinahe “Fakenews“ schreien, doch das ist nicht unsere Art. Wir legen lieber Fakten auf den Tisch! Und zeigen, was sich seit 2017 Jahr alles getan hat.
Es begann 2017
Der Spatenstich für das ONE erfolgte im Juli 2017. Auf einer Grundfläche von 6.300 m² sollten binnen 2 Jahren Wohn-, Arbeits- und Geschäftsflächen entstehen. So wurde es zumindest kommuniziert.
Schnell wurde uns klar, das kann sich zeitlich kaum ausgehen. Und wir sollten Recht behalten. Die für den 25. Oktober 2019 angekündigte Eröffnung wurde Anfang Oktober auf den 14. November 2019 verschoben. Als Grund wurde die verspätete Fertigstellung der Außenanlage angegeben.
Zu diesem Zeitpunkt erinnerte das Gelände an eine chaotische Baustelle, die Fertigstellung in wenigen Wochen erschien uns wieder nicht machbar. Und wieder sollten wir großteils Recht behalten, wie unsere Fotos belegen.
Eröffnung
Die Eröffnung fand dann tatsächlich am 14. November 2019 statt. Bürgermeisterin Gisela Gabauer durchschnitt gegen 9 Uhr das Band. Sogar der ORF war vor Ort. Oder besser gesagt, ORF-Moderatorin Bettina Graf. An dieser Stelle könnte unser Artikel bereits enden. Allerdings:
Einen Tag nach der Eröffnung bot das ONE noch immer ein trauriges Bild, wie unsere Fotogalerie zeigt.
Ja, die Fotos entstanden tatsächlich nach der Eröffnung. Wir haben uns nur in frei zugänglichen Bereichen aufgehalten. Die Fotos, alle aufgenommen am 15. November, entsprechen also genau dem, was jeder Besucher zu sehen bekam!












Nun gut, dann hat man halt den Termin nicht halten können, es soll schlimmeres geben.
Zumindest um eine ordentliche Baustellenabsicherung hätte man sich aber unbedingt kümmern müssen! Aber schauen wir uns nun die tollen Aussagen an, die im Vorfeld gemacht wurden.
Marketing und Realität
Glaubte man den blumigen Aussagen in Interviews und Zeitungsberichten, hätte der neue Komplex einen unglaublichem Mehrwert für die Stadt. Das sehen wir uns jetzt genauer an!
„One“ soll seinen Beitrag dazu leisten, die Kaufkraft im Ortskern zu halten.“ so Anton Riepl damals.
Also gut, sehen wir uns einmal die vielen neuen Mieter an, soweit sie bisher bekannt sind.
Soweit bekannt? Ja, denn das ONE wurde zwar schon vor über einem Jahr eröffnet, ist gibt aber noch immer einige leere Flächen.
Vorhanden sind bisher:
- 3Eck – ein Handyshop
- E.B.A. – IT-Infrastruktur
- INP Austria – Engineering & Services
- Kids Concept Store – Baby- und Kindermode
- Mathis All Day Eatery – Café und Bar
- .mc tax – Steuerberater
- M-PREIS – ein Supermarkt (Eröffnung Frühjahr 2020)
- Mrs. Sporty – Fitnessstudio
Sieht man sich die neuen Firmen an, fragt man sich, wie diese dazu beitragen sollen, die Kaufkraft im Ortskern zu halten. Kaufkraft durch Dienstleister?
Ja es gibt noch mehr Geschäfte und Dienstleister im ONE, doch sind diese nicht neu dazugekommen, sondern einfach innerhalb der Stadt umgesiedelt! Ob und wenn ja, wie schnell sich diese nun leeren Flächen wieder füllen werden, ist abzuwarten.
Übrigens, es gibt in Gallneukirchen bereits Billa, Bipa, DM, Fussl, Hofer, Lidl, Penny, Eurospar und Unimarkt. Und natürlich noch eine Vielzahl kleinere Geschäfte. Alle im Umkreis von 2 Fahrminuten…
Das könnte vielleicht auch erklären, warum der “neue“ M-Preis von vielen bereits als “50% Markt“ bezeichnet wird. Wir selbst gehen gerne gezielt dort einkaufen, in keinem anderen Geschäft kommen wir so häufig zu stark reduzierten Lebensmitteln. Oder anders gesagt, so ziemlich alles wird verschleudert bevor das MHD überschritten wird.
Selbst die Mitarbeiter vor Ort klagen, wie schlecht der Markt frequentiert wird, es wurde angeblich auch bereits Personal eingespart und – kein Scherz – in den Kühlvitrinen wird anstatt Fleisch wie zu Beginn, nun meistens Bier präsentiert.
Der Markt gibt insgesamt ein trauriges Bild ab, auch weil Abends, trotz noch geöffnetem Geschäft, ein Teil der Beleuchtung ausgeschaltet wird.
Innerhalb der Stadt umgezogen sind:
- Gabauer – Spielwaren, Geschenke, Bürobedarf
- L. Baar – Orthopädietechnik
- Oberbank
- Oppenborn – Optiker
- Schuhmoden Alfred
- Studio 54 – Ziviltechniker
Ein Sonderfall ist „the- Port“. Ein scheinbar neues Mode Geschäft. Doch sieht man sich das Impressum der Webseite an, stößt man auf die Auer GmbH. Auer Mode wiederum gibt es seit vielen Jahren an 2 Standorten in Gallneukirchen.
Zeichen gegen Abwanderung?
Man will ,,ein Zeichen gegen die Abwanderung aus dem ländlichen Raum“ setzen. Wirklich?
Der Sinn dahinter erschließt sich uns nicht, denn es gibt in Gallneukirchen keine Abwanderung!
Aber selbst wenn es eine gäbe, durch Firmen die im Ort umziehen und überteuerte Wohn- und Geschäftsflächen könnte man daran wohl kaum etwas ändern.
2001 wurde Gallneukirchen zur Stadt ernannt. Und sieht man sich die Zahlen der Statistik Austria an, steigt die Bevölkerungszahl kontinuierlich. Ständig werden neue Wohnanlagen aus dem Boden gestampft. Es gibt in der Stadt über 80 Vereine! Und in 10min ist man mit dem Auto in Linz.
Gallneukirchen ist eines der wirtschaftlichen Zentren des Bezirks.
Übrigens: Gallneukirchen hat, oder besser gesagt hatte, bereits ein kleines Einkaufszentrum. Das City Center, nur 400 Meter vom ONE entfernt, kam allerdings bei den Bewohnern nicht sehr gut an. Weder die Auswahl der Geschäfte, noch der viel zu enge Parkplatz konnten begeistern. Das ONE bedeutete den Todesstoß für das City Center, sofern man überhaupt behaupten kann, dass zuvor noch etwas Leben in ihm war. Mittlerweile gibt es im City Center, soweit uns bekannt ist, kein einziges Geschäft mehr…

Faktencheck: Gab es Bedarf?
Während manche von drohender Abwanderung sprachen, meinten andere, man bräuchte das ONE recht dringend. Es gäbe ja viel zu wenige Geschäftsflächen in Gallneukirchen. Das sahen wir schon damals etwas anders, wollten es aber genau wissen.
Also haben wir uns auf den Weg gemacht und geschaut, ob es einen Mangel an Geschäftslokalen in Gallneukirchen gab. Das Gegenteil war der Fall, es gab viele leerstehende Flächen! Und alle im Umkreis von 5 Gehminuten…






Oppenborn, Baar, Alfred Schuhmoden und Gabauer sind in das ONE umgezogen. Teilweise keine 100 Meter! Hätte es je einen großen Bedarf an Geschäftsflächen gegeben, wären die leer gewordenen Flächen ja sicher schnell wieder vermietet gewesen. Das war nur nicht der Fall!
Was sagen Bürgermeisterin und Presse?
Bürgermeisterin Gisela Gabauer ist überzeugt, dass die Stadt von dem „zukunftsweisenden“ Projekt profitieren wird. Wäre auch wirklich schlecht für sie wenn nicht. Immerhin ist ihr eigenes Geschäft ebenfalls dort angesiedelt!
Presseberichte zu Bau und Eröffnung des ONE-Centers gab es nur wenige. Aber zumindest die Regionalzeitung „Tips“ berichtete immer wieder einmal. Wobei hier eine andere Schlagzeile im Vordergrund stand:
Erste Rolltreppe in Gallneukirchen
Tips Schlagzeile, Ausgabe 13.11.2019
Das ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Oder doch? Nun ja…
Der Vollständigkeit halber sollten wir vielleicht erwähnen, dass es im ONE nur eine einzige Rolltreppe gibt. Die fährt vom Untergeschoss nach oben, wenn sie denn gerade aktiviert ist. Jedoch fährt keine Rolltreppe nach unten.
Aber da wir schon beim Thema Peinlichkeiten sind, machen wir doch gleich damit weiter.
Das Versagen der Gemeinde
Einbahnstraße
Einen Tag – ja richtig gelesen – erst einen Tag vor in Kraft treten einer Einbahnregelung in der Gaisbacher Straße, wurden die Anwohner darüber per Aussendung informiert.
Eine Vorankündigung durch Beschilderungen gab es gar nicht, die entsprechenden Verkehrszeichen wurden erst am Tag der Einbahnregelung gegen 9 Uhr aufgestellt.
Die Folge war ein unnötiges Chaos und es gab einige gefährliche Situationen. Denn Aufgrund der Tatsache, dass die Straße von Bauarbeitern, Professionisten und Lieferanten seit Wochen regelmäßig verparkt war, blieb für Ausweichmanöver kaum Platz.
Das wurde durch die Einbahn noch einmal verschärft, denn nun rechneten viele nicht mehr mit entgegenkommenden Fahrzeugen. Doch das kam – keine Übertreibung – etwa 10-20x pro Stunde vor!
Beinaheunfälle, LKWs und Bagger, die auf den Gehsteig auswichen sowie genervte Anwohner, die nun zwangsweise über die Hauptstraße, also in Richtung Baustelle, ausfahren mussten, waren wohl eher nicht der Sinn des ganzen.

Wir selbst wurden beinahe von einem anderen Fahrzeug gerammt, dass gegen die Einbahn fuhr und können dies auch beweisen. Auf unsere Nachfrage hin, zeigte die Gemeinde sich überrascht und gesprächsbereit, aber nicht zuständig. Die Einbahn wurde ,,auf bitten der Polizei“ eingerichtet und man wäre nicht für die Überwachung des fließenden Verkehrs zuständig. Jedoch würde man sich ,,mit der Polizei absprechen“.
Laut Anschreiben sollte die Einbahnregelung bis zum Ende der Bauarbeiten am ONE gelten. Jedoch wurde sie bereits nach ca. 14 Tagen wieder aufgehoben. Polizeikontrollen gab es in der Zeit keine, Chaos und gefährliche Situationen dafür umso mehr.
Augen zu und durch – Verkehrsplanung mal anders
Die Gemeinde ist nur „für den ruhenden Verkehr“ zuständig. OK, viel ruhender als ein abgestelltes Fahrzeug geht nicht. Aber davor hat man offensichtlich auch die Augen verschlossen.

Über Wochen waren die Gehsteige im Umkreis der Baustelle zugeparkt. Das Foto oben zeigt keine Ausnahme, so sah es tatsächlich über viele Tage aus! Die Fahrzeuge standen Teils den ganzen Tag, einen Strafzettel konnten wir jedoch nie sehen.
Die folgenden zwei Fotos fassen die Unfähigkeit einer vernünftigen Planung wohl besser zusammen, als es Worte je könnten. Die Dienergasse wurde für Autofahrer zur „Rätselgasse“ .
Und es war nicht die einzige Situation, vor der die Augen verschlossen wurden.


Dämmmaterial, Bretter und Folien schwammen immer wieder den Fluß „Gusen“ hinter dem ONE hinunter. Nur für einen kurzen Zeitraum gab es, etwas weiter flussabwärts, eine mobile Sperre um wenigstens einen Teil des Materials aufzuhalten.

Kann man das alles noch überbieten? Aber sicher doch!
Direkt angrenzend zum ONE befindet sich auf der westlichen Seite des Centers eine Brücke über die Gusen. Diese kann dank breitem Gehsteig auch sehr gut von Fußgängern genutzt werden. Eine weitere kleine Brücke für Fußgänger ist, etwa 50 Meter entfernt, östlich des Gebäudekomplexes vorhanden.
Quizfrage: Was braucht man nun ganz dringend? Richtig! Eine weitere Brücke für Fußgänger zwischen den bereits vorhandenen Brücken. Luftlinie zwischen den schon bestehenden Brücken: 150 Meter!
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Die Gegenwart – März 2021
Wir schreiben den 18. März 2021, dass ONE wurde also vor mehr als einem Jahr eröffnet. Und doch stehen noch immer Geschäftsflächen leer. Auch sind noch Wohnungen zu haben. Das nötige Kleingeld vorausgesetzt!
So zahlt man z.B. 12 Euro netto pro Quadratmeter für eine kleine Bürofläche ohne eigenem WC aber dafür mit Waschbecken in der Nähe des Eingangs. Eine Eigentumswohnung mit etwas über 100 m² bekommt man ab etwa 440.000 Euro. So zumindest die aktuellen Inserate auf Willhaben.
Keine Sorge, es geht auch günstiger, nur halt nicht im ONE. Denn auch die durch den Umzug der Geschäfte freigewordenen Gewerbeflächen in Gallneukirchen, sind zu einem guten Teil noch immer leerstehend! Wie war das noch einmal mit dem Bedarf?
Fassen wir also zusammen:
- Das ONE bietet hochpreisige Gewerbeflächen und, für die meisten Normalverdiener, unleistbare Eigentumswohnungen.
- Durch den Umzug der Gewerbetreibenden in das ONE, stehen noch immer, zuvor genutzte, Geschäftsflächen leer.
- Das bestehende Einkaufszentrum hat schon nicht funktioniert, darum brauchte man noch ein weiteres.
- Der Verkehr durch die Gaisbacher Straße nahm deutlich zu, vor allem was LKWs angeht. Denn die Anlieferungen für das ONE erfolgen über eine Rampe in der Gaisbacher Straße. Das Tempolimit wird großteils ignoriert, Polizeikontrollen gibt es keine.
Wir bleiben dran!
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